Die Kunst der Vergänglichkeit: Rhea Callens Reise zur kreativen Erfüllung
Rhea Callen, inspiriert von einer kreativen Kindheit und geprägt durch ihren kunstliebenden Großvater, fand 2022 während einer Seereise zurück zur Kunst. Mit ihrer innovativen Acryl-Mixed-Media-Technik und dem Einsatz von Eisenoxid erschafft sie Werke, die die Schönheit von Verfall und Zeit zelebrieren.
Wie kam es zum Verkauf Ihres ersten Kunstwerkes?
2022 bat mich meine Cousine um ein Hochzeitsgeschenk für ihre Tochter. Es sollte etwas ganz Außergewöhnliches und Persönliches sein. Ich entwickelte eine Acryl-Mixed-Media-Technik mit Rost in unterschiedlichen Stadien. Diese Technik war für sie neu, sie war fasziniert und sicher, genau das Richtige gefunden zu haben. Die Reaktion der Beschenkten - „außergewöhnlich, harmonisch und ästhetisch“ - bestätigte mir: Die Verbindung aus Rost, Farbe und Textur berührt. Es handelt sich um das Werk Nr. 6 aus der Serie „Faszination Rost“, ein Dialog aus Verfall und Natur, 70 x 140 cm, Acryl-Mixed-Media auf Leinwand, 2022.

Was schätzen die Sammler Ihrer Werke am meisten an Ihrer Kunst?
Sammler schätzen die haptische Tiefe meiner Oberflächen. Rostprozesse in gesteuerten Oxidationsstufen, verbunden mit Acryl und Textilien, erzeugen eine lebendige Patina und laden dazu ein, näher heranzutreten, zu verweilen und über Wert, Zeit und Bestand nachzudenken. Die dreidimensionalen Strukturen, mit Firnis versiegelt, spielen mit Licht und Schatten. Je nach Tageszeit und Perspektive entfalten sie eine eigene Dynamik – sie verändern sich mit dem Raum. Die Werke lassen sich einfach mit einem weichen Pinsel entstauben.
Die Natur spiegelt den Mut der Veränderung - ihre Kraft zeigt uns, dass Zerbrechlichkeit keine Schwäche, sondern eine Hymne auf das Leben ist.
Was sind Themen besonderer Bedeutung, die Sie auch immer wieder in Ihrer Kunst behandeln?
Mich interessiert die Spannung zwischen Ideal und Wirklichkeit. Meine Arbeiten zeigen, wie Spuren, Brüche und Alterung zu Schönheit werden - als Impuls, bewusster mit Ressourcen umzugehen und Herausforderungen wie Klimawandel oder Vergänglichkeit zu stellen.

Können Sie uns ein wenig mehr über die „Verlassene Schönheiten“-Serie erzählen?
In der Serie „Verlassene Schönheiten“ dominiert der Verfall alter Gebäude. Mein Großvater, selbst Maler, eröffnete mir früh den Blick für Farben und Formen. Wir durchstreiften gemeinsam Wälder und Lichtungen, vorbei an vereinzelten Häusern und Mauern, die vom Grün überwuchert waren. Zerfallene Fassaden, in deren Ritzen Moose und Farne wuchsen, schienen von der Natur sanft umarmt. Orte, an denen das Werden und Vergehen sichtbar sind. In „Verlassene Schönheiten“ verdichte ich Fundspuren alter Orte - Eisenfragmenten, abgeplatzte Farbe, überwuchernden Mauern. Brauntöne erden und verweisen auf Beständigkeit, Goldakzente adeln das Übersehene, helle Zonen öffnen Ruhe-Räume – ein Dialog von Vergangenheit und Gegenwart. „Verlassen - Vergessen – Verfallen“ (Acryl-Mixed-Media auf Leinwand, 70 x 140 cm, entstanden 2024) ist auf meiner Webseite zu sehen.

An welchem Punkt in Ihrem Leben haben Sie begonnen, sich als Künstler zu identifizieren?
Aufgrund meiner Geschichte und meinen Lebenserfahrungen, bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich genau weiß, was ich will und was ich nicht will. Die Kunst und Kreativität begleiten mich schon mein ganzes Leben. Ein Studium war mir nicht möglich, dennoch hat mich die Kunst nie losgelassen. 2022 kam mein Neustart: Auf einer Seereise wurde mir klar, dass ich zur Malerei zurückkehre. Seitdem verfolge ich konsequent meine künstlerische Entwicklung – mit dem Ziel, meine Arbeiten international zu zeigen, eine Einzelausstellung zu realisieren und Kooperationen mit Institutionen und Kuratoren aufzubauen.
Die Wellen der Weltmeere erzählen Geschichten von Stärke und Wandel - sie erinnern uns daran, dass wahre Schönheit in der Tiefe des Vergehens liegt.
Wie kommt es zu Ihren Ideen und wie entwickeln Sie diese?
Mich inspiriert, was mich täglich umgibt: die Dynamik unserer Zeit, Begegnungen mit Menschen, Gespräche voller Gedanken, die ich ohne Wertung aufnehme. In der Natur und in meinem Zuhause finde ich Ruhe und Freiheit, um diese Eindrücke in Kunst zu verwandeln. So entstehen Werke, die meine Sicht auf das Leben spiegeln – geprägt von Wandel, Vergänglichkeit und der Schönheit des Augenblicks.

Welche Orte / Räume haben eine besondere Bedeutung in Ihrer Kunst?
Die Natur spielt in meinem Leben eine besondere Rolle. Ich bin an der Küste aufgewachsen, und das Meer ist bis heute mein wichtigster Kraftort. Ob ich bei ruhiger See die Stille genieße oder im Sturm die Wucht der Elemente erlebe – beides ruft Gedanken und Gefühle hervor, die meine Kreativität anregen. Schon als Kind liebte ich es, bei Orkanstärke auf dem Deich zu stehen, dem Wind kaum noch standhaltend. Diese Erfahrung begleitet meinen künstlerischen Weg und inspiriert mich, die Intensität des Lebens in meinen Werken sichtbar zu machen.

Umgeben Sie sich mit anderen Künstlern? Wie sieht Ihr Umfeld aus? Gibt es hier Menschen, die auf Ihre Kunst einen Einfluss haben?
Der Austausch mit anderen Künstlerinnen und Künstlern bedeutet mir sehr viel. In Netzwerken wie auch in meinem persönlichen Umfeld finde ich Gesprächspartner, die mich inspirieren, neue Blickwinkel eröffnen und mir ehrliches Feedback geben. Für mich ist dieser Dialog ein Schlüssel: Er fördert kulturelle Vielfalt und bildet die Basis für Kooperationen, Ausstellungen und gemeinsame Projekte.
Die vergoldeten Akzente alter Gebäude erzählen von Liebe und Verlust - ein stiller Tanz zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen
Welche Rolle spielen Innovation und Tradition für Sie?
Beides hat für mich Gewicht: Die Tradition ist mein Fundament, sie verbindet mich mit meinen Wurzeln und prägt meine Identität. Innovation eröffnet mir neue Wege, lässt mich Bestehendes hinterfragen und meinen Stil weiterentwickeln. Dieser Prozess schenkt mir Freiheit und die Möglichkeit, meine Kunst mit einem breiteren Publikum zugänglich zu machen – persönlich wie gesellschaftlich bedeutsam.

Gibt es ein Kunstwerk in Ihrem Leben, dass Sie besonders beeindruckt hat?
Das Kunstwerk „One: Nr. 31, 1950“ von Jackson Pollock hat mich zutiefst beeindruckt. Die Dripping-Technik, das Zusammenspiel von Chaos und Kontrolle und die monumentale Größe von 2,70 x 5,30 m faszinieren mich bis heute.
Was ist ihr Alleinstellungsmerkmal, mit dem Sie sich von anderen Künstlern unterscheiden?
Ich lenke Oxidation wie eine Komposition: Textilien schaffen Strukturen, Rostprozesse zeichnen ihre Spuren, Farben verbinden die Elemente. So entstehen einzigartige, nicht reproduzierbare Oberflächen. Sie machen Vergänglichkeit sichtbar – und bewahren dennoch Harmonie und Balance.
Haben Sie aktuelle oder zukünftige Projekte, über die Sie gerne sprechen möchten?
Zurzeit bereite ich eine neue Serie zum Thema Architektur vor. Sie untersucht den Dialog zwischen Beständigkeit und Zerfall. Erste Arbeiten entstehen bereits in meinem Atelier. Persönliche Besuche sind nach Vereinbarung möglich.
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